Was schließt die Fürsorgepflicht von Arbeitgebenden ein?
Die Fürsorgepflicht von arbeitgebenden Unternehmungen ist eine fundamentale Säule des deutschen Arbeitsrechts. Längst geht es dabei um mehr als nur den Schutz vor Arbeitsunfällen. Die moderne Fürsorgepflicht umfasst die physische und psychische Gesundheit, den Schutz der Persönlichkeitsrechte und den sicheren Umgang mit Mitarbeiterdaten.
Dieser Leitfaden bietet Ihnen einen umfassenden Überblick über die Fürsorgepflicht von Arbeitgebenden. Er klärt auf, was genau dahintersteckt, welche Gesetze die Grundlage bilden und welche konkreten Bereiche in der Praxis relevant sind. Zudem zeigen wir Ihnen, wie moderne digitale Lösungen Sie dabei unterstützen können, dieser wichtigen Verantwortung nachzukommen und sie gar als strategischen Vorteil für Ihr Unternehmen zu nutzen.
Definition: Was ist die Fürsorgepflicht des arbeitgebenden Unternehmungen genau?
Die Fürsorgepflicht ist eine der wichtigsten Nebenpflichten aus dem Arbeitsvertrag. Sie verpflichtet Unternehmen, ihre Mitarbeiter:innen aktiv zu unterstützen und vor Gefahren zu schützen.
Die Fürsorgepflicht von Arbeitgebenden ist eine unmissverständliche Rechtspflicht, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergibt. Sie verpflichtet Arbeitgeber:innen, die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihrer Angestellten zu schützen.
Konkret bedeutet das, für ein sicheres Arbeitsumfeld zu sorgen, das Leben und die Gesundheit der Belegschaft zu schützen und einen fairen, respektvollen Umgang zu gewährleisten. Diese Pflicht ist so fundamental, dass sie durch den Arbeitsvertrag nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden kann.
Das Fundament: Treu und Glauben im Arbeitsverhältnis
Die konzeptionelle Wurzel der Fürsorgepflicht liegt im allgemeinen Grundsatz von „Treu und Glauben“, der in § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) verankert ist. Dieser Grundsatz besagt, dass Vertragsparteien Rücksicht auf die Rechte und Interessen der Gegenseite nehmen müssen.
Die Fürsorgepflicht ist das logische Gegenstück zur Treuepflicht der Arbeitnehmer:innen. Die Fürsorgepflicht ist kein starres Regelwerk, sondern ändert sich mit den Zeiten. Während früher der Schutz vor Maschinenlärm im Vordergrund stand, rücken heute der Schutz vor digitalem Stress, die Gewährleistung von Datensicherheit im Homeoffice und die Prävention psychischer Belastungen in den Fokus.

Welche Gesetze regeln die Fürsorgepflicht von Arbeitgeber:innen?
Die Fürsorgepflicht ist nicht in einem einzigen Gesetzbuch kodifiziert. Vielmehr versammeln sich unter ihrem Dach zahlreiche spezifische Vorschriften aus verschiedenen Gesetzen.
§ 618 BGB – Schutz von Leben und Gesundheit
Die wichtigste gesetzliche Verankerung der Fürsorgepflicht findet sich in § 618 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Dieser Paragraf legt fest, dass Arbeitgeber:innen Arbeitsräume und Geräte so einrichten und unterhalten müssen, dass Arbeitnehmer:innen gegen Gefahren für Leben und Gesundheit geschützt sind, „soweit die Natur der Dienstleistung es gestattet“.
Ein:e Gerüstbauer:in kann nicht gänzlich vor der Arbeit in der Höhe geschützt werden. Die Fürsorgepflicht verlangt jedoch von Arbeitgeber.innen, alle zumutbaren Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um einen Absturz zu verhindern. Die in § 618 BGB festgelegten Pflichten sind zwingend und können nicht vertraglich umgangen werden.
Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
Während § 618 BGB das „Was“ definiert, liefert das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) das „Wie“. Es verpflichtet Arbeitgeber:innen zu einem proaktiven Vorgehen. Zu den Kernpflichten aus dem Arbeitsschutzgesetz gehören:
- Gefährdungsbeurteilung:
Gemäß § 5 ArbSchG muss für jeden Arbeitsplatz eine systematische Beurteilung aller potenziellen Gefährdungen physischer und psychischer Natur durchgeführt und dokumentiert werden. - Ableitung von Schutzmaßnahmen:
Basierend auf der Gefährdungsbeurteilung müssen Arbeitgeber:innen die erforderlichen Schutzmaßnahmen ergreifen (§ 3 ArbSchG). - Unterweisung der Mitarbeiter:innen:
Alle Beschäftigten müssen regelmäßig und verständlich über Gefahren und Schutzmaßnahmen unterwiesen werden (§ 12 ArbSchG). - Kostenübernahme:
Die Kosten für sämtliche Maßnahmen des Arbeitsschutzes sind ausnahmslos von den Arbeitgeber:innen zu tragen.
Ein Mosaik weiterer Vorschriften: Von AGG bis DSGVO
Die Fürsorgepflicht wird durch ein ganzes Mosaik weiterer Gesetze und Verordnungen konkretisiert. Wichtige Regelwerke sind unter anderem:
- Arbeitszeitgesetz (ArbZG):
Schützt vor Überlastung durch Höchstarbeitszeiten sowie Mindestruhe- und Pausenzeiten. - Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG):
Verpflichtet zum Schutz vor Diskriminierung, Belästigung und Mobbing. - Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und Bundesdatenschutzgesetz (BDSG):
Regeln den Schutz personenbezogener Daten der Mitarbeiter:innen. - Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV):
Enthält konkrete Vorgaben zur Gestaltung von Arbeitsplätzen, etwa zu Raumtemperatur, Lärm und Beleuchtung. - Mutterschutzgesetz (MuSchG) und Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG): Definieren besondere Schutzpflichten für besonders schutzbedürftige Personengruppen.
Die zentralen Bereiche der Fürsorgepflicht im Detail
Die Fürsorgepflicht manifestiert sich in verschiedenen, klar abgrenzbaren Handlungsfeldern.
Physischer und psychischer Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz
Der Schutz der Gesundheit ist die wohl wichtigste Ausprägung der Fürsorgepflicht. Das schließt die körperliche und seelische Unversehrtheit ein.
- Physische Gesundheit:
Hierzu zählen alle klassischen Maßnahmen des Arbeitsschutzes, von der Ergonomie im Büro über die sichere Wartung von Maschinen bis zur Bereitstellung von persönlicher Schutzausrüstung. - Psychische Gesundheit:
Die Fürsorgepflicht verlangt von Arbeitgeber:innen, aktiv gegen psychische Belastungen wie Stress, Burn-out und Mobbing vorzugehen. Das Arbeitsschutzgesetz schreibt explizit vor, dass auch psychische Gefährdungen in der Gefährdungsbeurteilung erfasst werden müssen. Das schließt präventive Maßnahmen ein, wie die Förderung einer Kultur, die das Abschalten nach der Arbeit respektiert, oder das Angebot anonymer psychologischer Beratungen.
Die Gefährdungsbeurteilung: Proaktive Fürsorge
Die Gefährdungsbeurteilung ist zentral für die Erfüllung der Fürsorgepflicht. Sie ist ein kontinuierlicher Prozess, der proaktiv Gefahren identifizieren und beseitigen soll. Der Ablauf folgt dabei dem TOP-Prinzip, einer klaren Hierarchie von Schutzmaßnahmen:
- T (Technische Maßnahmen)
Gefahrenquellen werden durch technische Lösungen beseitigt (z. B. eine Absauganlage). - O (Organisatorische Maßnahmen):
Arbeitsabläufe und die Organisation werden angepasst (z. B. Homeoffice-Regelungen). - P (Personenbezogene Maßnahmen):
Erst als letzte Instanz kommen persönliche Schutzmaßnahmen zum Einsatz (z. B. Schutzkleidung).
Führungskräfte in der gelebten Fürsorgepflicht
Die abstrakte Pflicht des „Arbeitgebers“ wird im Alltag durch die direkten Führungskräfte mit Leben gefüllt. Sie tragen eine besondere Verantwortung.
Dazu gehört die Fähigkeit, frühe Anzeichen von Stress oder Überlastung im Team zu erkennen, eine faire und transparente Arbeitsverteilung sicherzustellen und als vertrauensvolle Ansprechperson für Sorgen und Konflikte zu agieren.
Schutz des Persönlichkeitsrechts: Ein Arbeitsklima ohne Mobbing und Diskriminierung
Die Fürsorgepflicht umfasst auch den Schutz der Würde und des Persönlichkeitsrechts der Mitarbeiter:innen. Arbeitgeber:innen müssen ein Arbeitsumfeld schaffen, das frei von Schikane, Ausgrenzung und Diskriminierung ist.
Sie haben eine aktive Eingriffspflicht und müssen bei Vorfällen konsequent handeln:
Durch Ermittlung, Mediation und, falls nötig, arbeitsrechtliche Konsequenzen wie Abmahnung oder Kündigung der verursachenden Person.
Schutz von Eigentum und Daten der Arbeitnehmer:innen
Die Verantwortung erstreckt sich auch auf die Rechtsgüter der Beschäftigten.
- Schutz des Eigentums:
Mitarbeiter:innen müssen persönliche Gegenstände sicher verwahren können. Die Fürsorgepflicht verpflichtet Arbeitgeber:innen daher, abschließbare Aufbewahrungsmöglichkeiten wie Spinde zur Verfügung zu stellen. - Schutz der Daten:
Im digitalen Zeitalter ist der Datenschutz ein zentraler Aspekt der Fürsorgepflicht. Personenbezogene Daten müssen streng vertraulich behandelt und sicher gespeichert werden. Die Einhaltung der DSGVO und des BDSG ist somit eine direkte Ausprägung der Fürsorgepflicht der Arbeitgeber:innen.
Erhöhte Fürsorgepflicht für besonders schutzbedürftige Gruppen
Für bestimmte Personengruppen wie Schwangere, Jugendliche oder Mitarbeiter:innen mit Schwerbehinderung gilt eine erhöhte Fürsorgepflicht. Für sie müssen Arbeitgeber:innen besondere Schutzvorkehrungen treffen und den Arbeitsplatz anpassen.
| Bereich der Fürsorgepflicht | Praktische Maßnahmen und Beispiele | Wichtige rechtliche Grundlagen |
| Schutz von Leben & Gesundheit | Ergonomische Arbeitsplätze, Lärmschutz, Gefährdungsbeurteilung, Schutz vor Mobbing & Burnout, Hygienekonzepte | § 618 BGB, Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) |
| Schutz des Persönlichkeitsrechts | Maßnahmen gegen Diskriminierung & sexuelle Belästigung, fairer Umgangston, Schutz der Privatsphäre | Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), Art. 1 & 2 Grundgesetz (GG) |
| Schutz von Daten | Sichere Verwahrung von Personalakten, Einhaltung der Löschfristen, transparente Datenverarbeitung | Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) |
| Schutz des Eigentums | Bereitstellung von abschließbaren Spinden oder Schränken für persönliche Wertsachen und Kleidung | § 618 BGB, § 241 Abs. 2 BGB |
| Ordnungsgemäße Beschäftigung | Einhaltung von Arbeits-, Pausen- und Ruhezeiten, Gewährung von Urlaub, vertragsgerechter Einsatz | Arbeitszeitgesetz (ArbZG), Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) |
Was passiert, wenn Arbeitgeber:innen der Fürsorgepflicht nicht nachkommen?
Verletzt ein:e Arbeitgeber:in schuldhaft die Fürsorgepflicht, kann das teuer werden. Gemäß § 618 Abs. 3 BGB kann das Unternehmen zu Schadensersatz und Schmerzensgeld verpflichtet werden.
Verstöße gegen das Arbeitsschutzgesetz können als Ordnungswidrigkeiten mit empfindlichen Bußgeldern geahndet werden. Hinzu kommt der oft unterschätzte Reputationsschaden. Auf modernen Arbeitgeber:innen-Bewertungsportalen spricht sich ein nachlässiger Umgang mit der Belegschaft schnell herum und kann die Gewinnung neuer Fachkräfte massiv erschweren.
Ansprüche und Rechte der Arbeitnehmer:innen
Mitarbeiter:innen sind einer Verletzung der Fürsorgepflicht durch den oder die Arbeitgeber:in nicht schutzlos ausgeliefert. Sie können unter anderem Abhilfe fordern, bei erheblicher Gefahr die Arbeit verweigern oder in schwerwiegenden Fällen sogar fristlos kündigen und eine Abfindung verlangen.
Digitales Management der Fürsorgepflicht: Wie Teamhero Sie unterstützt
Die Komplexität der Fürsorgepflicht kann zur administrativen Herausforderung werden. Moderne digitale Werkzeuge wie die Software von Teamhero helfen hier. Sie verwandeln eine unübersichtliche Pflicht in einen transparenten und steuerbaren Prozess und ermöglichen einen Wandel weg von der reaktiven Problembehebung hin zum proaktiven Risikomanagement.
Teamhero vereinfacht den Arbeitsalltag der HR-Abteilung durch verschiedene Module und Funktionen.
Arbeitszeiten und Pausen im Griff mit digitaler Zeiterfassung
Ein zentraler Aspekt der gesundheitlichen Fürsorgepflicht ist die Vermeidung von Überlastung. Die digitale Zeiterfassung von Teamhero erfasst Arbeits- und Pausenzeiten minutengenau und warnt bei drohenden Überschreitungen von Höchstarbeitszeiten. So schützen Sie die Gesundheit der Mitarbeiter:innen und schaffen eine lückenlose, rechtssichere Dokumentation.
Überlastung vermeiden durch transparente Einsatzplanung
Eine schlechte Personalplanung ist eine häufige Ursache für Stress aufseiten der Mitarbeitenden. Die Einsatzplanung in Teamhero bietet einen 360-Grad-Blick auf Auslastung, Verfügbarkeiten und Qualifikationen.
Führungskräfte können so sicher gehen, dass die richtigen Personen für die richtigen Aufgaben eingeteilt werden und Belastungsspitzen frühzeitig erkannt und abgefedert werden.
Dokumentation und Kommunikation rechtssicher gestalten
Die Erfüllung der Fürsorgepflicht erfordert eine umfassende Dokumentation. Das Dokumentenmanagement von Teamhero zentralisiert alle wichtigen Unterlagen und überwacht deren Gültigkeit. Durch integrierte Kommunikationstools sorgen wir dafür, dass Informationen nachweisbar und schnell an die richtigen Personen gelangen.
Die gesamte Plattform ist DSGVO-konform und auf deutschen Servern gehostet. Auch um die datenschutzrechtliche Komponente der Fürsorgepflicht müssen Sie sich also keinerlei Sorgen machen.
Häufige Fragen und Antworten zur Fürsorgepflicht für Arbeitgeber:innen
Im betrieblichen Alltag tauchen immer wieder konkrete Fragen zur Reichweite der Fürsorgepflicht von Arbeitgebenden auf. Hier finden Sie kurze, konkrete Antworten auf einige der häufigsten Fragen.
Wie weit reicht die Fürsorgepflicht im Homeoffice?
Die Fürsorgepflicht erstreckt sich auch auf das Homeoffice. Arbeitgeber:innen bleiben für Sicherheit und Gesundheit verantwortlich. Sie müssen eine Gefährdungsbeurteilung für den Telearbeitsplatz durchführen und dabei Aspekte wie Ergonomie, psychische Belastung und die Einhaltung der Arbeitszeiten berücksichtigen.
Was gilt bei Krankheit, Burnout oder Suchtproblemen?
Erscheint eine Person offensichtlich krank zur Arbeit, muss die Führungskraft sie nach Hause schicken. Bei Anzeichen von Burnout oder bei Suchterkrankungen greift die gesundheitliche Fürsorgepflicht ebenfalls. Arbeitgeber:innen müssen das Gespräch suchen, nach schwierigen Phasen Unterstützung anbieten (z. B. durch das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM)) und prüfen, ob die Arbeitsbedingungen angepasst werden müssen.
Wer trägt das Wegerisiko bei Unwetter oder Streik?
Grundsätzlich liegt das Wegerisiko bei den Arbeitnehmer:innen. Die Fürsorgepflicht gebietet jedoch, die Belegschaft keinen unzumutbaren Gefahren auszusetzen. Bei einer offiziellen Unwetterwarnung müssen Arbeitgeber:innen flexibel reagieren und zumutbare Alternativen wie Homeoffice ermöglichen.
Fazit: Gelebte Fürsorgepflicht als Säule einer starken Unternehmenskultur
Die Fürsorgepflicht der Arbeitgeber:innen bildet das Fundament für ein sicheres, gesundes und respektvolles Arbeitsumfeld. Sie berührt die physische und psychische Gesundheit ebenso wie die Persönlichkeitsrechte und den Datenschutz der Mitarbeiter:innen.
Die Erfüllung dieser Pflicht sollte nicht als Last, sondern als menschlich und strategisch sinnvolle Investition in Ihr Unternehmen betrachtet werden. Unternehmen, die ihre Fürsorgepflicht als Arbeitgeber:innen ernst nehmen und proaktiv managen, schützen sich nicht nur vor rechtlichen Konsequenzen. Sie bauen Vertrauen auf, steigern die Motivation und Bindung ihrer Mitarbeiter:innen und werden so zu zunehmend attraktiver für neue Fachkräfte.
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