Tarifvertrag

Was ist ein Tarifvertrag?

Ein Tarifvertrag ist ein Vertrag zwischen Tarifvertragsparteien wie Arbeitgebern bzw. Arbeitgeberverbänden einerseits und Gewerkschaften für Arbeitnehmer andererseits. Sie werden im Rahmen der in Deutschland grundsätzlichen garantierten Tarifautonomie geschlossen.

Nach dem deutschen Tarifvertragsgesetz können die Vertragsparteien Rechtsnormen für die Ausgestaltung von Arbeitsverhältnissen festlegen. Insbesondere können Regelungen zum Inhalt, Abschluss und Beendigung von Arbeitsverhältnissen definiert werden. Diese gelten dann für alle Organisationen und Personen, die sich an den Tarifvertrag binden. Eine Bindung kommt zustande, wenn ein Arbeitgeber einen Tarifvertrag direkt mit einem Arbeitgeber schließt.

„Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betrieblichen und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.“ aus §1 des Tarifvertragsgesetz TVG

Durch Tarifverträge können Rechte und Pflichten gebündelt für viele Personen, oft Arbeitnehmer, vertreten und verhandelt werden. Gewerkschaften nehmen hierbei oft die Rolle des Arbeitnehmervertreters ein, um die Interessen dieser zu schützen. Durch die Bündelung der Interessen vieler Arbeitnehmer kann gegenüber den Arbeitgebern ein höherer Druck aufgebaut werden, um mehr für die Arbeitnehmer zu erreichen.

Welche Aufgaben hat ein Tarifvertrag?

Mitglieder schützen

Arbeitnehmer:innen werden durch Tarifverträge geschützt. Im Sinne einer für alle und alle für einen haben Arbeitnehmer:innen und deren Interessen mehr Gehör bei den Arbeitgebern. Ohne die Mithilfe der Gewerkschaften oder Tarifverträgen hätten Arbeitnehmer:innen wahrscheinlich schlechtere Arbeitsbedingungen,

Vertragsparteien befrieden

Ein Tarifvertrag ist zeitlich oft befristet. Innerhalb dieser Befristung ist es den Vertragsparteien oft untersagt Arbeitskämpfe auszutragen, z.B. zu streiken. Für den Zeitraum können die Parteien keine neuen Bedingungen und Regelungen fordern oder ändern. Das schafft für alle Parteien Ruhe und Planungssicherheit.

Strukturierung

Tarifverträge spiegeln oft einen Branchenstandard wider. Auch Unternehmen, die keine Tarifverträge abgeschlossen haben, orientieren sich oft an den Regelungen von Tarifverträgen. Damit strukturieren Tarifverträge oft ganze Branchen.

Verteilung

Tarifverträge gelten oft für viele Menschen. Insbesondere die Regelungen zu Gehalt, Entgeltgruppe, Bezahlungen und sonstigen Leistungen verteilen den Wohlstand auf viele Menschen,

Unterscheidung Arbeitsvertrag und Tarifvertrag

Zwischen einem Arbeitgeber und einer Arbeitnehmer:in wird ein direktes einzelnes Arbeitsverhältnis durch einen Arbeitsvertrag geschlossen. Dieser regelt die konkreten Bedingungen wie z.B: das Gehalt, den Lohn, die Arbeitszeit, die Krankheitsregelungen oder die Urlaubstage in dem Einzelfall.

Ein Tarifvertrag wir hingegen immer zwischen der Gewerkschaft und dem Arbeitgeber respektive Arbeitgeberverbänden geschlossen. Dieser Tarifvertrag mit den darin vereinbarten Bedingungen ist dann für eine definierte Gruppe von Arbeitnehmer:innen gleichermaßen gültig.

Ein Tarifvertrag gilt für die Tarifvertragsparteien, die ihn geschlossen haben. Das sind einerseits die Mitglieder der Arbeitgeberverbände sowie andererseits die Mitglieder der abschließenden Gewerkschaft, die Arbeitnehmer:innen. Dadurch werden Rahmenbedingungen für viele Menschen und ganze Branchen festgelegt. In der Praxis profitieren jedoch auch oft Arbeitnehmer:innen die kein Mitglied einer Gewerkschaft sind, von den Bedingungen aus einem vereinbarten Tarifvertrag.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Einfluss aus dem Tarifvertragsgesetz (TVG). Dadurch ist eine weitere Vereinbarung oder Rückbestätigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer:in nicht notwendig. Werden Bedingungen geschlossen, die sich außerhalb der im Tarifvertrag befindlichen Regelungen befinden, werden diese automatisch ungültig.

Was ist das Günstigkeitsprinzip eines Tarifvertrages?

Das Günstigkeitsprinzip eines Tarifvertrages dient dem Wohl der Arbeitnehmer:innen. Wenn in einem einzelnen Arbeitsvertrag schlechtere Konditionen als im Tarifvertrag vereinbart worden, so sind diese ungültig. Es gelten automatisch immer die besseren Regelungen zum Wohle der Arbeitnehmer:in. In dem Fall würden die Regelungen aus dem Tarifvertrag Anwendung finden.

Sind in einem direkten Arbeitsvertrag jedoch bessere Regelungen als im Tarifvertrag vereinbart, gelten auch hier die besseren Konditionen.

Ist ein Tarifvertrag für mich gültig?

Ob ein Tarifvertrag für dich gültig ist, muss individuell geprüft werden. Informiere dich hierfür entweder direkt bei deinem Arbeitgeber oder bei der Gewerkschaft deiner jeweiligen Branche. Eine Übersicht und weitere Informationen kannst du beim Deutschen Gewerkschaftsbund einsehen.

Tarifwirkung

Wenn du Mitglied der Gewerkschaft bist sowie dein Arbeitgeber Teil des Arbeitgeberverbandes mit einem entsprechenden geschlossen Tarifvertrag, so gelten diese Regelungen für dich.

Vertragliche Vereinbarung

In deinem Arbeitsvertrag explizit die Gültigkeit der Regelungen aus dem Tarifvertrag vereinbart worden ist.

Allgemeinverbindlichkeit

Der Bundesarbeitsminister hat das Recht, einen Tarifvertrag als allgemein verbindlich für eine Branche festzusetzen. Dies kann passieren, sollten verschiedene Arbeitnehmer einer Branche geschützt werden müssen, jedoch die Tarifwirkung eine zu geringe Menge an Menschen betreffen würde.

Typische Bestandteile von Tarifverträgen

In einem Tarifvertrag werden schuldrechtliche wie auch arbeitsrechtliche Normen festgesetzt. Dabei sind die folgenden Elemente oft die für die Arbeitnehmer:in wichtigsten:

Arbeitszeitmodelle

Es werden die Menge der Arbeitszeit, Pausenzeiten sowie entsprechende Arbeitszeitmodelle wie Gleitzeit oder Vertrauensarbeitszeit vereinbart.

Lohn und Gehalt

Es wird die Höhe sowie die Entwicklungsstufen von Löhnen und Gehältern vereinbart.

Arbeitsbedingungen

Je Branchen haben Arbeitsbedingungen einen großen Einfluss. Hierbei werden unter anderem Schutzmaßnahmen zur Staub-, Lärm- oder Schadstoffverringerung vereinbart.

Urlaubs- und Krankheitsreglungen

Das Bundesurlaubsgesetz regelt die Mindestanforderungen von Urlaubsansprüchen. Diese können jederzeit z.B. durch Tarifverträge erweitert werden.

Kündigungsregelungen

Auch Regelungen zu erweiterten Kündigungsfristen z.B. in Abhängigkeit zur Betriebszugehörigkeit können vereinbart werden.

Zusatzleistungen

Auch weitere Leistungen wie Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, betriebliche Altersvorsorge oder andere Leistungen im Wohle der Arbeitnehmer:innen werden vereinbart.

Was ist die Tarifautonomie?

Damit Tarifverträge und die daraus resultierenden Regelungen Gültigkeit haben und nicht vom Staat angegriffen werden können, wurde die Tarifautonomie im Grundgesetz festgeschrieben:

Artikel 9 Absatz 3 GG Koalitionsfreiheit und Tarifautonomie: „Das Recht zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen rechtswidrig.“

Damit garantiert das Grundgesetz den Gewerkschaften und Arbeitgebern die Koalitionsfreiheit. Sie können dadurch eigenständig und unabhängig vom Staat die Arbeitsbedingungen vereinbaren.

Was ist ein Warnstreik?

Warnstreiks sind temporäre Arbeitsniederlegungen. Mit diesem Mittel können Gewerkschaften ihren Forderungen im Zuge einer Tarifverhandlung Nachdruck verleihen. Warnstreiks sind vom Bundesarbeitsgericht anerkannt.

Gibt es in der Arbeitnehmerüberlassung einen Tarifvertrag?

Bei der Arbeitnehmerüberlassung gibt es die Maßgabe des Equal Pay und Equal Treatments. Damit verpflichtet sich der Personaldienstleister das überlassene Personal genau so zu vergüten wie die Kollegen am entsprechenden Arbeitsort. Zusätzlich gibt es auch hier entsprechende Tarifverträge zwischen dem Deutschen Gewerkschaftsbund – DGB – und dem Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e.V. (BAP) sowie dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. – iGZ.

Bekannte Beispiele von Tarifverträgen

Hier eine Auflistung von bekannten Tarifverträgen in Deutschland:

  • Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes – TvöD
  • Gehaltstarifvertrag für Medizinische Fachangestellte/Arzthelferinnen (MFA
  • Tarifvertrag Handel – Tv-H
  • Tarifvertrag für die Versicherungs- und Finanzdienstleistungsbranche – TVF
  • Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe – BRTV
  • Entgelt-Rahmenabkommen in der Metall- und Elektroindustrie – ERA

Unterschiedliche Typen von Tarifverträgen

Nach Vertragsparteien

Verbandstarifvertrag – Dies ist die am meisten verbreitete Tarifvertragsform. Für eine ganze Branche sowie einen geografischen Bereich z.B. ein Bundesland wird hier ein Tarifvertrag geschlossen.

Firmentarifvertrag – Auch kann ein einzelnes Unternehmen direkt einen Tarifvertrag mit einr Gewerkschaft schließen. Dies ist auch als Haustarifvertrag bekannt.

Mehrgliedriger Tarifvertrag – Diese besondere Form des Tarifvertrages kann gleichzeitig zwischen mehreren Parteien, also mehreren Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden verhandelt und geschlossen werden. Hierbei steht weiterhin jede Partei allein und kann z.B. den Vertrag kündigen. Durch diese gemeinsame Vorgehensweise spricht man auch vom Einheitstarif.

Nach Inhalt

Manteltarifvertrag – Auch als Rahmentarif bezeichnet, ummantelt auf lange Zeit wichtige Bedingungen von Arbeitsverhältnissen wie Arbeitszeit, Urlaubsanspruch und Kündigungsfristen.

Gehaltstarifvertrag – Hierbei liegt der Fokus, insbesondere auf der Vergütung im Anstellungsverhältnis. Durch Lohn- und Gehaltsgruppen bzw. auch „Tarifen“ genannt, wird die Entlohnung geregelt. Auch wie und wann in eine neue Tarifstufe gewechselt werden kann, z.B. durch Qualifizierung oder Betriebszugehörigkeit.

Anschlusstarifvertrag –  Wenn ein Tarifvertrag gekündigt und dann nahtlos ein neuer Tarifvertrag geschlossen wird, ist dieser als Anschlusstarifvertrag zu bezeichnen.

Es gibt auch noch weitere Vertragsformen, die jedoch selten zur Anwendung kommen.

Vorteile von Tarifverträgen

Vorteile für die Arbeitnehmer:in

Höhere Vergütung – Im Vergleich zu allein kämpfenden Arbeitnehmer:innen erhält eine Arbeitnehmer:in mit Tarif oft eine höhere Entlohnung.

Mehr Gehör – Da sich in Gewerkschaften hunderte oder tausende von Menschen sammeln, haben sie ein größeres Gehör. Denn es ist für Unternehmen sehrwohl schnell spürbar, wenn z.B. im Zuge eines Warnstreiks hunderte oder tausende Arbeitnehmer:innen die Arbeit niederlegen.

Fairness und Transparenz – Tarifverträge sind öffentlich einsehbar und allen Beteiligten sind die Inhalte bekannt. Damit entsteht Transparenz. Auch wird der Neid unter Kollegen verringert, da alle nach denselben Maßgaben fair vergütet werden.

Laufzeiten – Tarifverträge bilden allen Parteien Planungssicherheit, auch den Arbeitnehmer:innen, die nicht mit spontanen Gehaltskürzungen rechnen müssen.

Mehr Urlaub – Wie auch bei der Vergütung erhalten Arbeitnehmer:innen mit Tarifvertrag im Vergleich oft auch mehr Urlaub.

Bessere Arbeitsbedingungen – Tarifverträge beinhalten neben Gehalt und Urlaub auch oft Elemente rund um die Arbeitsbedingungen wie Sauberkeit, Gesundheitsschutz etc. Die hier öffentlichen und vertraglichen zugesicherten Bedingungen können die Arbeitgeber nicht einfach ignorieren.

Vorteile für die Unternehmen

Bessere Planbarkeit – Durch die klaren Vereinbarungen und Laufzeiten können auch die Lohnkosten und damit auch Produktpreise oft mittel- und langfristig besser kalkuliert werden.

Keinen Arbeitskampf – Im Zeitraum des gültigen Tarifvertrages obliegt die beschriebene Friedenspflicht. Ein Unternehmen muss daher dann nicht mit Arbeitsniederlegungen rechnen.

Fairer Wettbewerb – Alle an den Tarifvertrag gebundenen Unternehmen akzeptieren und leben diese Mindestregelungen. Damit ist es ausgeschlossen, dass Unternehmen Wettbewerbsvorteile z.B. durch geringere Personalkosten haben. Das wiederum sorgt für einen fairen Wettbewerb innerhalb einer Branche.

Weniger Administration – Durch einen Tarifvertrag werden ja Regelungen für viele Menschen geschlossen. Das spart enorm Zeit, da nun nicht jeder Einzelvertrag verhandelt werden muss.

Vorteile für die Gesellschaft

Marktneutralität – Durch die Tarifautonomie ist klar geregelt, dass der Staat nicht in die Marktbedingungen eingreift und es den Gewerkschaften und Arbeitgeberveränden überlässt. Das schafft Marktneutralität. In Fällen wie z.B. dem Mindestlohngesetz greift der Gesetzgeber jedoch in Arbeitsbedingungen ein. Daher ist hier die Tarifautonomie auch zum Teil umstritten.

Nur Mediator – Der Staat muss nicht proaktiv eingreifen. Wenn dann nimmt dieser maximal die Rolle eines Mediators ein.

Mustervergleich mit und ohne Tarifvertrag

In der folgenden Tabelle ist zu erkennen, warum ein Tarifvertrag oft Vorteile für ArbeitnehmerInnen hat

RegelungGesetzTarifvertrag
Jahresurlaub24 WerktageÖfter bis zu 30 Urlaubstage
WeihnachtsgeldKeine RegelungJe nach Branche anteiliger Prozentsatz eines Monats oder Fixbetrag
ArbeitszeitBis zu 48 WochenstundenJe nach Branche zwischen 30 und 40 Wochenstunden
AuszubildendenübernahmeKeine RegelungJe nach Branche mehrere Monate sowie unbefristete Übernahme

Disclaimer
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